Kirby und das vergessene Land Review - Nintendo-Online.de

2023-02-22 17:46:07 By : Ms. Zola Liu

Wenn man sich bei „Kirby“-Spielen auf eines verlassen konnte, dann war es die Zweidimensionalität. Zwar gab es einige Spin-Offs in 3D, wer das klassische Spielkonzept wollte, konnte sich aber seit 1992 sicher sein, dass es nur nach rechts, links, oben und unten ging. Fast 30 Jahre später bricht Nintendo mit der Tradition und wagt damit einen überraschend großen Schritt. Dieser stellt am Ende zwar keine Revolution dar, aber den vielleicht wichtigsten Sprung für die Reihe.

Die Geschichte beginnt klassisch knapp: Kirby, die Waddle Dees und einige Teile seiner Welt werden durch einen Riss im Himmel von Planet Pop in das Vergessene Land befördert, wo die Bestien regieren. Kirby trifft schnell auf das fliegende blaue Wesen Elfilin und die beiden ziehen durch die postapokalyptische Welt, um die Waddle Dees zu retten und herauszufinden, wie sie zurück in ihre Welt kehren können.

Nein, eine tiefgründige Geschichte erwartet niemand von Kirby, und so gibt es nach dem Intro auch wenig zu erzählen. Überraschenderweise zieht die Handlung im späteren Verlauf aber an und bietet einige tolle Momente, die zwar nie zu tiefgründig werden, aber für ein wunderbar rundes Abenteuer sorgen. Sowieso ist die Welt am Ende das Highlight: Spielende werden sich ständig umschauen und die bewachsenen Gebäude, zerstörten Innenräume und verlassenen Ruinen bewundern und sich fragen, was wohl mit der Welt, in der anscheinend einmal Menschen gelebt haben, geschehen ist.

Obwohl die dritte Dimension so einiges an den Leveln verändert, bleibt das Gameplay sehr klassisch. Kirby kann Luft aufsaugen, um für kurze Zeit zu schweben, oder Gegner einsaugen, um deren Fähigkeiten zu übernehmen. Ansonsten darf er noch über den Boden schlittern, oder sich ducken, um Angriffe abzuwehren. Wer dann noch den Stick bewegt, erlebt ein Ausweichmanöver, das vor allem in den Bosskämpfen zum Einsatz kommt und überraschend hilfreich sein kann. Das war es dann aber auch schon mit den Bewegungsmöglichkeiten. Durch ein allgemein höheres Tempo im Vergleich zu vorherigen Abenteuern stört das aber keineswegs, denn Kirby steuert sich durchweg flüssig und präzise.

Am überraschendsten ist wohl, wie gut die klassischen Mechaniken im 3D-Raum funktionieren. Zwar sorgt die Perspektive manchmal für etwas ungenaue Sprünge, die Level sind aber stets fair genug gestaltet, dass diese Situationen selten im Tod enden. Zudem ist es nahezu unmöglich, Passagen zu überfliegen, ohne von Feinden getroffen zu werden, was dazu führt, dass man die meiste Zeit am Boden verbringt.

Für den Erfolg der Neuausrichtung sind die Level verantwortlich, die auf den ersten Blick vor allem optisch begeistern. Überall lassen sich kleine Details finden, jeder Abschnitt versprüht einen einzigartigen Charme und so ertappt man sich dabei, den Speicher der Konsole mit Fotos zu füllen. Doch auch spielerisch haben sie einiges auf dem Kasten: Der Hauptweg ist meist linear gehalten und wird dafür sorgen, dass jeder die kleinen Rätsel und Geschicklichkeitspassagen meistern dürfte, um das Ende zu erreichen. Viel interessanter wird der Ablauf aber, wenn man genauer hinsieht, denn überall befinden sich kleine Geheimnisse und optionale Wege, die mitunter in völlig neue Abschnitte führen. Das sollte man nicht ignorieren, denn hier verstecken sich pro Level drei bis fünf Waddle Dees, für die eine gewisse Anzahl benötigt wird, um den Boss freizuschalten.

Dieser Reiz, die Level auf Geheimnisse abzusuchen, motiviert ungemein dank toller spielerischer Ideen. Mal muss eine besondere Fähigkeit genutzt werden, um eine Wand einzureißen, mal kann Kirby sich unter einen Zaun graben, um einen Bonus-Raum mit besonderen Herausforderungen zu finden. Diese Passagen sind überraschend abwechslungsreich geraten, und auch wenn sich viele Ideen im späteren Verlauf wiederholen, werden sie stets kurzweilig gehalten und so verpackt, dass sie sich nicht wie ein Abarbeiten der Level anfühlen. Natürlich sind auch die Hauptwege der Level fantastisch gestaltet und obwohl der Schwierigkeitsgrad nie in die Höhe schießt und auf dem Niveau vorheriger Ableger bleibt, darf man sich auf überraschend kreative Herausforderungen freuen.

Wem das alles nicht genug ist, der darf sich pro Level auf drei Bonus-Missionen freuen, die erst aufgedeckt werden, wenn Spielende zumindest einen Teil von ihnen gelöst haben. So muss zum Beispiel ein besonders gut versteckter Raum entdeckt werden, oder vier Lampen angezündet werden. Das motiviert enorm, wirklich jeden Winkel zu erforschen, um bloß keine Aufgabe zu verpassen - früher oder später passiert das aber garantiert. Wer ein Level beendet, ohne alle Aufgaben entdeckt zu haben, erfährt eine von ihnen im Anschluss und kann somit beim nächsten Durchgang speziell auf diese achten. Leider werden aber nicht alle Aufgaben aufgedeckt, sodass im schlimmsten Fall gleich mehrere Durchgänge notwendig sind - gleichzeitig wird einem aber so nicht die Chance genommen, die Geheimnisse selbst aufzudecken.

In den meisten Welten gibt es je vier Level, deren Länge weder zu kurz, noch zu lang auskommt. Dabei geht es in ein Einkaufscenter, in dem der richtige Weg gefunden muss, in ein Geisterhaus oder auch in eine alte Fabrik. Vielfalt steht an der Tagesordnung, und auch die Abschlüsse der Welten enttäuschen nicht. Zwar sind die ersten beiden Bosse noch Standardware, bereits ab der dritten Welt bieten sie aber einzigartige Herausforderungen und sogar eine ganze Menge Humor, weshalb man stets gespannt bleibt, welcher Bösewicht als nächstes auftaucht.

Ein „Kirby“-Spiel ohne die Spezial-Power, die der Held durch das Einsaugen bestimmter Feinde erhält, ist undenkbar. Davon gibt es diesmal zwölf, von denen allerdings nur zwei vollständig neu sind. Mit dem Bohrer kann sich Kirby im Untergrund bewegen, während der Entdecker Sterngeschosse abfeuern kann. Das klingt nicht unbedingt nach viel, man sollte aber bedenken, dass sich durch die 3D-Welt neue Angriffe ergeben und zum Beispiel die Drehattacke mit dem Schwert deutlich effektiver daherkommt, wenn Gegner von mehr als nur zwei Seiten auftauchen. Zudem werden die Fähigkeiten wunderbar in die Level eingebaut und wer sie klug einsetzt, kann nicht nur einfacher Gegner besiegen, sondern auch neue Wege freischalten und Geheimnisse entdecken.

Der große Reiz besteht aber darin, Blaupausen in den Leveln zu finden. Bringt man diese zum Waffenhändler, kann dieser die Spezial-Power verbessern, weshalb Kirby plötzlich ein gigantisches Schwert mitführt, Bomben sich miteinander verbinden lassen und aus einem kleinen Feuerstrahl waschechte Feuerkugeln werden, die nicht nur mehr Schaden austeilen, sondern auch eine höhere Reichweite mit sich bringen. Im Verlauf des gesamten Abenteuers gibt es immer wieder neue Versionen, was extrem motiviert, alle Blaupausen zu finden, denn neue und verbesserte Angriffe zusammen mit wunderbaren visuellen Effekten sorgen dafür, dass man wirklich alle Verwandlungen sehen möchte. Und wer lieber auf die Klassiker steht, darf im Waffenladen jederzeit zur vorherigen Version wechseln, die in einigen Fällen sogar kleine Vorteile, unter anderem in der Schnelligkeit, hat.

Kommen wir nun aber endlich zum Aushängeschild, dem Vollstopfmodus. Wenn Kirby besonders leuchtende Objekte sieht, darf er diese Einsaugen und fortan steuern. Direkt zu Beginn geht es in das Auto, das das Internet innerhalb weniger Sekunden erobern konnte. Im weiteren Verlauf gibt es noch zahlreiche weitere Objekte, die sich jeweils völlig anders steuern und entsprechend eingesetzt werden. Kann das Auto nämlich Wände einreißen, so kann der Kegel den Boden aufreißen. Die Glühbirne sorgt für Licht in dunklen Umgebungen, während ein mit Wasser vollgesaugter Kirby Schleim entfernen kann.

Das Spielspaß-Geheimnis liegt in der Kürze, denn keine der Vollstopf-Modi nutzt man, mit einer Ausnahme, länger als für einen kurzen Abschnitt, nach dem Kirby das Objekt wieder ausspucken muss, um zum Beispiel eine Leiter hochzuklettern. Zudem sind auch die Passagen abwechslungsreich geraten, denn manchmal gibt es eine Rennstrecke, manchmal muss ein ganzer Abschnitt überflogen werden. Zwar gibt es auch hier Wiederholungen, störend fallen sie aber durch ständige Veränderungen nicht auf. Lediglich die Anzahl der Objekte hätte höher ausfallen dürfen, denn die meisten konnte man bereits in Trailern sehen. Das ändert nichts daran, dass vor allem die Präsentation einzigartig geraten ist und man sich niemals an einem Kirby, der Dosen ausspuckt, satt sehen kann.

Die Level werden stets von einer Weltkarte aus angesteuert, auf der immer wieder Risse erscheinen. Diese führen in die sogenannten Straßen des Glücks, die kleine Herausforderungen darstellen. Jede davon steht im Zeichen einer Fähigkeit oder eines Vollstopf-Modus, der sich nicht ablegen lässt. Innerhalb kurzer Zeit muss man dann das Ziel erreichen, was manchmal ein linearer Weg ist, den man möglichst schnell absolvieren muss, manchmal aber auch in Rätsel-Passagen oder Kämpfe mündet, in denen man nur die Bestzeit erreichen kann, wenn man die Mechaniken effektiv nutzen kann. Absolvieren kann die kurzen Level wohl jeder, schwieriger wird es dann schon, die Bestzeiten zu schlagen, was allerdings nur eine kleine Münzbelohnung abwirft.

Auch hier liegt die Unterhaltung in der Kurzweiligkeit, denn länger als drei Minuten ist keine Straße des Glücks, viele lassen sich sogar in unter einer Minute bewältigen. Durch den klaren Fokus auf die Fähigkeiten unterhalten die Aufgaben aber bestens, der größte Anreiz kommt aber durch die Belohnungen. Wer das Ende erreicht, erhält nämlich seltene Steine, die zusammen mit den überall erspielbaren Münzen notwendig sind, um Spezial-Power zu verbessern. 

Der vielleicht wichtigste Ort in „Kirby und das vergessen Land“ ist die Waddle-Dee-Stadt. Anfangs besteht diese lediglich aus Ruinen, schon früh erscheint aber der Waffenladen, in dem sich die Spezial-Power nicht nur verbessern lassen, am Sandsack lassen sich diese auch direkt ausprobieren. Die Stadt selbst wächst entsprechend der Anzahl geretteter Waddle Dees, und schon bald sieht man, wie sich kleine Gruppen im Café unterhalten oder einige Bewohner die Pflanzen gießen, was einen unglaublichen Charme versprüht. Sogar das Kino, in dem sich Zwischensequenzen erneut ansehen lassen, wurde aufwendig gestaltet, denn Kirby muss zuerst am Ticket-Schalter eine Szene auswählen, und dann zum Platz im vollen Saal gehen. Und wenn man eine Pause einlegen will, sollte man Kirbys Haus besuchen.

Natürlich verstecken sich hier wichtige Funktionen. Im Laden lassen sich Items erwerben, in der Poststelle darf man Geheimcodes einlösen und der Waddle-Dee-Gelehrte verrät einem nicht nur nützliche Statistiken, sondern auch, ob man wertvolle Blaupausen verpasst hat. Ein weiteres Highlight ist das Kolosseum, in dem man in einem Turnier gegen zahlreiche Bosse antreten kann, um am Ende gegen Meta Knight persönlich in den Kampf zu ziehen. All diese Aktivitäten beschäftigen vielleicht nicht über Stunden hinweg, bieten einem aber genau die Auszeit, die man sich wünscht.

Natürlich dürfen auch einige Mini-Spiele nicht fehlen. Kirby kann nämlich im Café aushelfen, und in drei Schwierigkeitsstufen möglichst viele Bestellungen der Waddle Dees abarbeiten. Was anfangs noch ein Kinderspiel ist, wird auf der höchsten Stufe zur überraschend intensiven Herausforderung. Entspannender ist da schon das Angeln, bei dem im richtigen Moment die angezeigten Knöpfe gedrückt werden müssen, um immer größer werdende Fische an Land zu ziehen. Den Abschluss macht „Roll, Kirby, roll!“, denn hier muss Kirby als Kugel in ein Loch befördert werden. Das entsprechende Feld steuern Spielende über die Bewegungssteuerung, was durchweg präzise funktioniert.

Auch hier lässt sich wiederholen, dass die Kurzweiligkeit das Geheimrezept des Titels ist. Kein Spielelement ist weltbewegend, keines begeistert allein für mehrere Stunden, doch durch die Vielzahl der wunderbaren Ideen ergibt sich ein starkes Gesamtpaket, das über die gesamte Spielzeit hinweg bestens funktioniert. Nie wird man sich langweilen, nie wird man zu wenig zu tun haben, und fast schon automatisch setzt man sich das Ziel, die 100% zu erreichen. 

Natürlich darf auch ein lokaler Mehrspieler-Modus nicht fehlen, der sich jederzeit aktivieren lässt. Der zweite Spieler beziehungsweise die zweite Spielerin übernimmt dafür den Bandana Waddle Dee, der Gegner zwar nicht einsaugen kann, dafür aber einen mächtigen Speer bei sich trägt, den Spielende auch werfen können. Zwar ist das nicht ganz so reizvoll wie Kirby selbst, der weitaus mehr kann und sich abwechslungsreicher steuert, möchte man die Reise aber nicht alleine verbringen, lässt sich das dennoch verkraften. Vor allem Jüngere oder diejenigen, die lediglich eine Begleiterrolle einnehmen wollen, werden bestens bedient.

Der Fokus bleibt nämlich jederzeit Kirby. Der zweite Spieler beziehungsweise die zweite Spielerin muss verkraften, dass die Kamera nur Kirby verfolgt. Bewegt man sich zu weit weg, wird man zum Protagonisten teleportiert. Auch das dritte Mini-Spiel ist Kirby vorbehalten, die anderen können glücklicherweise gemeinsam genossen werden. Dafür darf man die Straßen der Schätze nicht gemeinsam erleben, was allerdings aufgrund des Aufbaus verständlich ist.

Eines vorweg: Das Spiel sieht zu jedem Zeitpunkt wunderschön aus und begeistert durch seine kräftigen Farben und die detaillierten Leveln. Auch die Animationen sind zuckersüß geraten, egal ob Kirby gerade kämpft oder seinen Freunden zuwinkt. Leider resultiert das alles nicht in einem flüssigen Abenteuer, denn egal ob im TV-Modus oder im Handheld-Modus, „Kirby und das vergessene Land“ schafft lediglich eine Framerate von 30. Das wäre noch nicht schlimm, allerdings gibt es vor allem im portablen Modus sichtbare Ruckler, wenn zu viele Effekte ablaufen. Gegner im Hintergrund werden zudem mit einer sehr niedrigen Bildrate abgespielt, die eher an ein Daumenkino erinnert und ein überraschend unschönes Bild abgibt.

Es muss betont werden: Nichts davon beeinträchtigt den Spielspaß, ist für unfreiwillige Treffer verantwortlich oder wird jemanden dazu bringen, das Abenteuer abzubrechen. Leider stören sie aber das ansonsten unfassbar charmante Gesamtbild und lassen einen fragen, ob die Konsole wirklich nicht stark genug für den Titel ist. Glücklicherweise bleibt das der einzige Kratzer, denn kurze Ladezeiten und ein wunderschöner Soundtrack mit einigen Highlights lassen einen tief in die Postapokalypse eintauchen.