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2023-02-22 17:12:19 By : Mr. Harry Shen

Ob Saibling oder Sardinen: In der XO Seafoodbar wird alles verwertet, auch die Innereien und die Gräten.

Es muss nicht immer nur Krabbenbrötchen sein: Fine Dining, coole Bar-Atmosphäre oder Gourmet-Streetfood - wo man in Hamburg innovative Fischköche findet.

Schon als kleiner Junge ging Thomas Imbusch angeln. Er wuchs auf dem Land auf und weiß aus Erfahrung, dass man den besten Fang dann macht, wenn die eigenen Finger fast blaugefroren sind: "Je kälter es ist, desto besser die Qualität - das hat mit der Ernährungsphysiologie der Fische zu tun", sagt Imbusch. Heute betreibt er sein eigenes Restaurant 100/200 Kitchen an den Hamburger Elbbrücken, wo er am liebsten heimische Lebensmittel verarbeitet. Und schon zum Ende der Sommerferien fängt er an, sich auf den Winter zu freuen. "Jetzt können wir auf Fische und Meeresfrüchte aus dem Norden zurückgreifen", sagt er. "Sie sind zu dieser Jahreszeit auf dem Höhepunkt und ab Boot in wenigen Autostunden bei uns in der Küche." Zum Beispiel Steinbutt aus der Nordsee, den ein Fischer vor Helgoland für ihn fängt. Oder die von Tauchern gesammelten Jakobsmuscheln vom dänischen Limfjord, die nur dann verfügbar sind, wenn die See im Winter für kleine Fischerboote nicht zu stürmisch ist: "Das sind tagesaktuelle Produkte, entweder sie kommen oder sie kommen nicht", sagt Imbusch.

Im 100/200 Kitchen herrscht Industriehallen-Atmosphäre, aber mit gedämpftem Licht und schönen Holztischen.

Wer dort isst, bekommt nachhaltige Produkte auf Fine-Dining-Niveau.

"Ein Mahl ohne Auswahl", darauf muss man sich im 100/200 Kitchen einlassen. Und wird es eher nicht bereuen.

Der Sternekoch Thomas Imbusch und seine Partnerin Sophie Lehmann verstehen sich als Gastgeber. Sie wollen ihren Gästen ein besonderes Erlebnis verschaffen.

Vom Limfjord stammen auch die letzten europäischen Wildaustern, die Imbusch so behutsam in einem hauchdünnen Mantel aus Brotkrumen frittiert, dass sie im Kern roh bleiben. Er serviert sie zu einem dichten, opulenten Salat aus im Sommer eingelegtem und fermentiertem Gemüse, vor allem Tomaten und Spitzpaprika, dazu Algen und kandierte Zitrusfrüchte. Ein Genuss, so ganz anders als das, was Touristen auf dem Fischmarkt bei Fischbrötchen und Waterkant-Feeling erleben.

Wenn dort frühmorgens die Kelle Mayo auf den Lachs klatscht, dann hat das wenig mit Tradition zu tun. Die Wahrheit jenseits der Tourismuswerbung lautet: Nur weil Hamburg am Wasser liegt, bekommt man nicht zwangsläufig gute Fischküche serviert. Man muss schon die richtigen Adressen kennen, allen voran das legendäre Restaurant Fischereihafen mit Elbblick, eine Ikone hanseatischer Gastlichkeit. Und natürlich junge Köche wie Imbusch, die bewusst auf Nachhaltigkeit und Produkte aus der Region setzen. Im 100/200 Kitchen, wo man durch riesige Fenster auf die postindustrielle Hafenlandschaft blickt, bietet der 33-Jährige ab Anfang Januar wieder sein Menü "Wasser & Salz" an, bei dem sich alles um Fisch und Meeresfrüchte dreht.

Wer so konsequent saisonal kocht, braucht einen exzellenten Fischhändler. Für Imbusch gibt es keinen Besseren als Karl Niehusen von Hummer Pedersen: "Ein absoluter Fachmann." Niehusens Familie führt den Traditionsbetrieb am Hafen, wo die Möwen kreischen und das Wasser nur ein paar Schritte entfernt liegt. Für ihn ist die Nordsee in den letzten Jahren wieder zum spannenden Revier geworden: "Seit es dort so viele Offshore-Windparks gibt, können die großen Trawler mit ihren Schleppnetzen nicht mehr fischen, die Bestände haben sich erholt. Heute kommen wieder vermehrt kleine Fischer zum Zug, die auch die Schonzeiten respektieren", sagt Niehusen.

Seezunge und Steinbutt, Kabeljau und Seelachs aus der Nordsee sind für den Experten jetzt top: "Im Winter bereiten die Fische sich auf die neue Laichzeit vor, da sind sie in puncto Vollfleischigkeit und Proteine auf dem Höhepunkt." Und der heimische Hummer, der vor Helgoland gefischt wird, ist für ihn sogar besser als der aus der Bretagne: "Die Nordsee hat kältere Temperaturen, da sind mehr Nährstoffe im Wasser." Heimische Schalentiere sind für viele Hamburger der Weihnachtsklassiker schlechthin. Wer bei Hummer Pedersen im Laden fürs Fest ordert, kann sich nebenan im modernen Bistro mit Showküche und großer Glasfront gleich stärken - bei Fischsuppe, gegrillten Garnelen oder, ganz lokaltypisch, Hamburger Pannfisch mit Bratkartoffeln, Gurkensalat und Senfsauce.

Die stimmungsvollste Adresse, um in der Weihnachtszeit Fisch zu genießen, liegt nicht am Hafen, sondern an der Binnenalster. Im traditionsreichen Hotel Vier Jahreszeiten ist die Fassade weihnachtlich dekoriert, mit viel Tannengrün und festlichem Lichterschmuck. Drinnen, im Jahreszeiten Grill, serviert man im Original-Art-déco-Ambiente von 1926 hanseatische Traditionsgerichte - der perfekte Ort, um einen Meeresfrüchtecocktail mit knackigen Büsumer Krabben, Friséesalat und fein abgeschmeckter Cocktailsauce zu ordern. Oder ein paar frische Austern auf Eis, die nicht aus der Bretagne eingeflogen werden, sondern von Sylt kommen - die "Sylter Royal" wird dort in einer der nördlichsten Austernzuchten Europas gezogen. Im Jahreszeiten-Grill beherrscht der Service auch noch die Kunst, eine Nordsee-Seezunge für zwei Personen, die im Ganzen mit Butter und Kräutern zubereitet wurde, am Tisch vor den Augen der Gäste fachgerecht zu filetieren.

Im Angesicht des Seebären macht man sich im Underdocks mit feinem Fisch-Fastfood gerne die Finger fettig.

Die Kreationen sind bunt und schmackhaft und meistens mit den Händen zu essen.

Wem der Sinn beim Hamburg-Besuch aber partout nach Fischbrötchen steht, der probiert am besten das kultige Underdocks auf St. Pauli aus. Die jungen Betreiber wollen die Hamburger Fischbuden-Kultur retten, für ihr kreatives Konzept wurden sie sogar vom Bundeswirtschaftsministerium ausgezeichnet. Im rauen Hafenambiente mit Container im Raum und Seebären-Graffiti an der Wand servieren sie gewitzte Kreationen wie "Crunchy Backfisch Taco" - saftige Kabeljau-Loins im knusprigen Mantel mit frischem Salat und milder, gut abgeschmeckter Remoulade. "Wir bieten Gourmet-Streetfood und sehen uns irgendwo zwischen Imbissbude und Fischrestaurant", sagt Co-Gründer Burhan Schawich. Das gute alte Fischbrötchen taucht als "Roll" auf der Speisekarte auf, mit Lachs, Flusskrebsen oder sogar de luxe mit Hummer.

Kiezgänger finden ein weiteres junges Konzept rund um das Thema Fisch und Meeresfrüchte nur ein paar Hundert Meter weiter nahe der Großen Freiheit: die XO Seafoodbar. Hier geht es bewusst unkompliziert zu, alle Gerichte werden auf kleinen Tellern zum Teilen serviert. Obwohl es ein Speiselokal ist, nennt Inhaber Fabio Haebel es "Bar": "Das klingt lockerer, und ich wollte bewusst eine Bar-Atmosphäre." Er führt das Lokal strikt nachhaltig: "Alles vom Fisch wird verwertet, auch die Innereien und die Gräten." Deshalb steht auch mal Kabeljauleber (eine Delikatesse!) auf der Karte, die Gräten wiederum werden in Fischfond eingelegt und bilden knusprig frittiert eine originelle Dreingabe auf dem Teller.

Zwischen Bar und Restaurant: die XO Seafoodbar.

Fisch wird auf Holzglut gegrillt, so ähnlich macht man das auch in Japan.

Lockeres Konzept, aber was tätowierte Kellner auf den Tisch bringen, hat kulinarischen und ästhetischen Anspruch.

"Wir verwenden alles vom Fisch": Fabio Haebel, Inhaber der XO Seafoodbar.

Auch Haebel setzt auf hochwertige Produkte aus der näheren Umgebung. Die Scholle wurde vor der Küste von Fehmarn geangelt, Förde-Garnelen serviert man hier mal als Tatar mit Tomatenöl, mal als Carpaccio mit rohen Spargelstreifen und einer aus den Karkassen gewonnenen, intensiven Sauce. Und was trinkt man dazu? Haebel hält zwar auch eine gute Weinkarte bereit, aber der Clou des Lokals sind kreative Cocktails, die auf die Gerichte abgestimmt werden. Zu gegrillten Schwertmuscheln mit Spinat und Steinchampignon-Velouté mixt der Barkeeper einen Pineau Sour mit Verjus, Orange Shrub und Vanille Bitter. Und zum frittierten Sardinen-Sandwich empfiehlt er den Pasilla Paloma auf Tequila-Basis, der mit der Zitrusfrische von Limette und Grapefruit die Fettigkeit des Fischs abpuffert. Cooles Comfort Food, nachhaltiger Ansatz und heiße Drinks - so geht zeitgemäße Hamburger Fischküche.

100/200 Kitchen, Anfang Januar bis Anfang März gibt es das Menü "Wasser&Salz", 100200.kitchen

Fischereihafen Restaurant, Hamburger Institution für klassische Fischküche fischereihafenrestaurant.de

Bistro Hummer Pedersen, frischeste Fische zum Kaufen oder im Bistro zu genießen hummer-hamburg.com

Jahreszeiten Grill, Weihnachtsstimmung und beste hanseatische Traditionsgerichte hvj.de

Underdocks, Fischbrötchen 2.0 auf St. Pauli under-docks.de

XO Seafood Bar, junge Fischküche und kreative Cocktails, thisisxo.de

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