Der Landbote

2023-02-22 17:07:12 By : Mr. Hua Lin

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Die meisten Leserinnen und Leser kennen ihn nur als Lomo. Denn das ist der Name von Johannes Binottos wöchentlicher Kolumne im «Landboten». Nun hört man den Schreiber auch mal reden. Und zwar im Podcast «Dialogplatz». Das ganze Gespräch hören Sie hier:

Binotto, der mit pinkem Hemd, Halstuch und Hut zum Gespräch kommt, erzählt, dass er oft auf seinen Stil angesprochen werde. «Als Kind hat es mich immer geärgert, wenn Leute gefragt haben, ob ich verkleidet sei.» Hüte gefielen ihm einfach, «man darf die tollen Hüte nicht den blöden Leuten überlassen». Der Ursprung der Faszination liege in alten Hollywoodfilmen aus den 40er-Jahren, die er sich als Kind oft angesehen habe.

Am meisten Reaktionen habe eine Kolumne hervorgerufen, in der Binotto sich über Roboterrasenmäher lustig machte. Die Leute hätten sich schützend vor ihre Rasenmäher gestellt. «Das fand ich dann schon wieder sympathisch.» Binotto habe mit dieser Kolumne gelernt, wie innig das Verhältnis von Menschen zu technischen Geräten sein könne. 

«Als Kind habe ich die Spieluhr immer aus dem Fisch raus- und reingewurstelt.»

Er selbst ist da keine Ausnahme: Zur Podcast-Aufnahme bringt er einen alten Stofffisch mit, in dem eine Spieluhr steckt. Der Bauch des Fischs ist aufgerissen, Schaumstoff quillt heraus. «Als Kind habe ich die Spieluhr immer wieder raus- und reingewurstelt.» Der Fisch sei ein gutes Sinnbild für Ambivalenz, die Binotto sehr wichtig ist. «Es ist eine Spieluhr, aber gleichzeitig auch ein Fisch.» Solche Widersprüche inspirierten ihn auch immer wieder zu Texten. 

Obwohl er den Lomo nun schon seit 22 Jahren schreibt, erlebt Binotto immer noch regelmässig Schreibblockaden. «Dann wandere ich in der Wohnung herum, räume auf und repariere vielleicht eine Lampe.» Binotto ist Dozent für Filmwissenschaften an der Hochschule Luzern. Er predige seinen Studierenden, sie sollten mit dem wichtigsten Inhalt anfangen. Doch er selbst beginne jede Kolumne mit dem ersten Satz. «Beim Schreiben bekommt diese dann eine Eigendynamik, die sich aus Thema und Rhythmus ergibt. Da muss ich dann mitgehen, ob ich will oder nicht.»

Nicht nur bei der Kolumne entgleitet Binotto immer mal wieder die Kontrolle. Als Medienwissenschaftler beschäftigt er sich in seinen Video-Essays auch gern mit dem Unbehaglichen, Gruseligen. «Ich hatte die Hoffnung, dass dies hilft, eigene Ängste von mir besser in den Griff zu bekommen.» Er gibt aber sofort zu: «Das klappt nicht.» Binottos grösste Angst ist die Angst vor der Angst. Und doch solle man sich mit seinen Ängsten anfreunden. «Ich finde es grausig, wenn sich Leute in TV-Shows ihre Phobien abtrainieren. Ich frag mich dann immer: Wo geht die Angst hin?»

Der Kolumnist interessiert sich auch sehr für die Psychoanalyse. Deren Ziel sei für Binotto aber nicht die lückenlose Analyse des Selbst, sondern eher ein Akzeptieren der eigenen Seiten, mit denen man etwas Mühe habe. Er selbst habe beispielsweise grosse Existenzängste. «Wenn meine vorgesetzte Person sagt, sie wolle noch etwas mit mir besprechen, dann ist mein erster Gedanke, dass ich meine Stelle verliere.» Er wisse natürlich, dass dies übertrieben sei. «Ich darf mich selbst dann nicht so ernst nehmen.» 

01:21 Wieso Johannes Binotto gerne Hüte trägt 

03:40 Sind die Leute zu streng mit sich selbst?

05:15 Die Altersmilde in den Kolumnen

07:12 Wer ist eigentlich dieser Lomo?

17:33 Wie er mit Schreibblockaden umgeht

29:16 «Die Ambivalenz begleitet uns das ganze Leben»

47:15 Wieso er in Winterthur geblieben ist

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